OLG Karlsruhe: Facebook durfte Beiträge mit Nacktfotos von Hunter Biden löschen

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Nutzer von Facebook, Twitter und anderen Onlinediensten schließen bei der Registrierung einen Nutzungsvertrag. Aus diesem folgen Rechte und Pflichten für beide Seiten. Für die Anbieter sozialer Netzwerke besteht u.a. die Pflicht, Beiträge der Nutzer nicht grundlos zu löschen. Wo die Grenze für eine berechtigte Löschung verläuft, ist oft nicht eindeutig, wie der vorliegende Fall zeigt.

Ein Facebook Nutzer bezeichnete in einer Facebook-Gruppe eine identifizierbare Person als „Vollcovidioten“. Er postete außerdem „Memes“, die Nacktbilder von Hunter Biden zeigten, die ohne dessen Zustimmung während des Wahlkampfs in den USA im Internet aufgetaucht waren. Facebook löschte die Beiträge und verhängte verschiedene Beschränkungen gegen den Nutzer. Hiergegen klagte der Betroffene vor dem Landgericht Karlsruhe (LG), und bekam zum Teil Recht. So verpflichtete das Landgericht Facebook dazu, die gelöschten Beiträge betreffend Hunter Biden wieder freizuschalten, da die Veröffentlichung des Memes nach deutschem Recht nicht strafbar sei.

Facebook legte hiergegen Berufung ein, das Oberlandesgericht Karlsruhe gab dem Netzwerk nun mit Urteil vom 26.05.2023 (Az. 10 U 24/22) Recht. Die Löschung der Beiträge habe allerdings nicht auf Grundlage von Facebooks „Gemeinschaftsstandards“ erfolgen dürfen, da diese gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam seien (siehe hierzu BGH, Az. III ZR 179/20).

Facebook sei aber kraft Gesetzes gehalten, unabhängig von dem Inhalt der Nutzungsbedingungen unverzüglich tätig zu werden, um strafbare Inhalte zu entfernen, sobald der Dienst Kenntnis von entsprechenden Beiträgen erlangt hat.

Dies treffe sowohl auf die Bezeichnung eines Dritten als „Vollcovidiot“ zu, als auch auf die Veröffentlichung bzw. Verlinkung der Nacktbilder von Hunter Biden. Der gelöschte Post „Andreas WER? Landet jetzt jeder Mist eines Vollcovidioten hier zum sich drüber aufregen?“ enthält laut OLG eine gemäß § 185 StGB strafbewerte Beleidigung.

Hinsichtlich der Fotos ergäbe sich die Strafbarkeit aus § 33 KunstUrhG i. V. m. §§ 22, 23 KunstUrhG. Nach § 22 Satz 1 KunstUrhG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Dagegen habe der Kläger verstoßen, als er Fotografien von Hunter Biden postete bzw. verlinkte, ohne dass dieser damit einverstanden war. Das Argument des Klägers, er habe sich auf die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG berufen können, überzeugte die Richter nicht. Die Vorschrift erlaubt es, Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte zu verbreiten und zur Schau zu stellen. Das OLG kommt nach Abwägung zwischen den Rechten der abgebildeten Person aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der das Bild verbreitenden Person aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits zu dem Ergebnis, dass die Rechte von Hunter Biden hier überwiegen. Zwar gab es ein grundsätzliches Informationsinteresse im Zusammenhang mit der „Laptop-Affäre“. Dies rechtfertige aber nicht die Veröffentlichung der intimen Lichtbilder, die keinerlei Bezug zu den behaupteten geschäftlichen Beziehungen Hunter Bidens zur Ukraine bzw. nach China haben.

 

Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel