Schon vor über 20 Jahren, am 11.03.2004, entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass eBay unter bestimmten Umständen für Markenrechtsverletzungen haften kann, die Verkäufer auf der Plattform begehen (Az. I ZR 304/01). Die Richter gingen damals von einer sog. Störerhaftung des Anbieters aus, weil eBay nach mehreren Hinweisen auf markenrechtsverletzende Angebote nicht genug getan hatte, um das erneute Einstellen von gleichartigen Angeboten zu verhindern. Auf Grundlage der Störerhaftung können jedoch nur Unterlassungs-, nicht aber Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
Im Urheberrecht hat der EuGH 2021 mit den verbundenen Entscheidungen gegen YouTube und Uploaded (Az. C-682/18 und C-683/18) die Haftung für Plattformen deutlich verschärft und festgehalten, dass diese unter bestimmten Voraussetzungen selbst eine Handlung der öffentlichen Wiedergabe vornehmen und somit als Täter auf Schadensersatz haften, auch wenn der betroffene Inhalt von einem Nutzer hochgeladen wurde.
Mit Urteil vom 23.10.2024 hat nun der BGH diese Rechtsprechung auf Online-Marktplätze übertragen (Az. I ZR 112/23). Ein Fotograf hatte die Handelsplattform „Rakuten“ auf Unterlassung und zur Zahlung von EUR 6.675,00 Schadensersatz verklagt (wir berichteten über die vorausgegangene Entscheidung des OLG Nürnberg). Der Kläger bemerkte, dass ein von ihm erstelltes Bild der Manhattan Bridge in Verkaufsangeboten auf Plattform „Rakuten“ zur Bewerbung verwendet wurde.
Er forderte am 21.08.2018 die Plattform – und nicht den Verkäufer – auf, das Angebot zu löschen, was Rakuten auch tat. Am 05.10.2018 und 20.10.2018 entdeckte der Fotograf aber weitere Angebote (anderer Verkäufer), die dasselbe Bild zur Bewerbung eines Fernsehers nutzten.
Das OLG Nürnberg verurteilte die Plattform zu Unterlassung und Zahlung, der BGH hat die Entscheidung nun weitgehend bestätigt. Danach sind Online-Marktplätze verpflichtet, nach einem klaren Hinweis auf eine Rechtsverletzung die eingestellten Angebote im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren auf gleichartige Verletzungen zu überprüfen und rechtsverletzende Inhalte zu sperren oder zu löschen. Rakuten habe eine aktive Rolle bei der Rechtsverletzung gespielt, weil der Anbieter wegen der vereinbarten Verkaufsprovision ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Verkaufsangebote habe. Für die gleichartigen Angebote, die nach der ersten Meldung des Klägers auf Rakuten zu finden waren, hafte die Plattform als Täter und somit auch auf Schadensersatz. Dies gelte allerdings nur für die Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG, nicht aber für das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG. Insoweit seien allein die jeweils handelnden Verkäufer Hersteller der Vervielfältigungsstücke, Rakuten sei weder als Gehilfe noch als Störer (mit-)verantwortlich.
Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel