Bei urheberrechtlich geschützten Werken denken viele wohl zunächst an Gemälde, Skulpturen, Musikstücke oder Spielfilme. Das Urheberrecht schützt daneben aber auch sog. Werke der angewandten Kunst, wie der BGH etwa für einen Geburtstagszug und eine Vitrinenleuchte festgestellt hat.
Vor diesem Hintergrund nutzte die Herstellerin der bekannten „Birkenstock“ Sandalen das Urheberrecht, um gegen Konkurrenzprodukte vorzugehen, die den eigenen Schuhen zu ähnlich waren.
Das Landgericht Köln gab der Klägerin in erster Instanz Recht (Urteil vom 11.05.2023, Az. 14 O 121/22), verbot den Verkauf der „Kopien“ und verurteilte die Beklagte zu Auskunft und Schadensersatz. Dabei stellte es fest, dass auch dann ein urheberrechtlich geschütztes Werk entstehen kann, wenn der Urheber nicht die Absicht verfolgt, künstlerisch tätig zu werden. Der Schöpfer der Birkenstock Sandalen habe „mit bestimmten Materialien und Gestaltungselementen derart experimentiert und diese miteinander kombiniert, dass sein jeweiliges Ergebnis schöpferischen Charakter“ besitze.
Mit Urteil vom 26.01.2024 (Az. 6 U 89/23) hob das OLG Köln die Entscheidung auf und wies die Klage ab. Zwar seien Sandalen „potentiell urheberrechtsschutzfähig“, die Voraussetzungen im konkreten Fall aber nicht erfüllt.
Die Richter konnten nicht feststellen, dass es sich bei den Sandalenmodellen um eine „eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers“ handelt. Zwar seien an Werke der angewandten Kunst keine strengeren Anforderungen zu stellen, als an Werke der zweckfreien bildenden Kunst. Die Sandalen der Klägerin würden sich aber in künstlerischer Hinsicht nicht von anderen Gesundheitssandalen abheben. Das Landgericht habe es zu Unrecht als ausreichend angesehen, dass der Schöpfer der Sandalen durch eine Abweichung von vorbekannten Gestaltungen und eine Auswahl zwischen verschiedenen technischen Möglichkeiten, die in ihrer Kombination neu und eigenartig waren, in ausreichendem Maß künstlerisch-gestalterische Freiheiten ausgenutzt hätte. Dieser Maßstab genüge für den Designschutz und den lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz, nicht aber für den Urheberschutz. Der Gegenstand müsse das Ergebnis „freier künstlerischer Betätigung“ und diese Freiheit müsse im Gegenstand wiedererkennbar sein.
Da die Abgrenzung des Designrechts vom Urheberrecht von der schwierigen Frage abhängt, was eine künstlerische Leistung darstellt, hat das OLG Köln die Revision zum BGH zugelassen. Mit Blick auf die Bedeutung des Verfahrens für die Klägerin ist davon auszugehen, dass der Rechtsstreit fortgesetzt wird.
Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel