EuGH entscheidet zur Löschung von Informationen und Fotos aus Google Suchergebnissen

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Fast jeder hat schon einmal seinen Namen „gegoogelt“. Was aber gilt rechtlich, wenn die Suchergebnisse unvorteilhafte, inhaltlich falsche Informationen über eine Person enthalten? Hierzu hat heute der EuGH entschieden und dabei deutlich weniger hohe Hürden für die Löschung aufgestellt als zuvor der BGH.

Im nun durch den EuGH entschiedenen Fall (Rs. C-460/20) hatten zwei Geschäftsleute aus der Investmentbranche von Google die Löschung bestimmter Suchergebnissen verlangt, die nach Eingabe ihrer Namen in die normale Suche bzw. die Bildersuche angezeigt wurden. Verlinkt wurden durch Google Artikel, die kritisch über das Anlagemodell einer Firma berichteten, an der die Kläger beteiligt waren. Die Artikel enthielten nach Angaben der Kläger inhaltlich unwahre Aussagen. Die Bildersuche zeigte mehrere „Thumbnails“ der Kläger in Luxusautos oder an Bord eines Helikopters.

Vor dem LG und OLG Köln scheiterten die Kläger – nach Ansicht der Gerichte muss Google nur bei offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung tätig werden, woran es hier fehlte. Eine klare Rechtsverletzung könne angenommen werden, wenn ein rechtskräftiger Titel gegen den Betreiber der betroffenen Webseite vorläge.

Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen vor. Dabei wollten die Richter insbesondere wissen, ob bzw. wie weit die Betroffenen gegen die ursprüngliche Quelle des Inhalts vorgehen müssen, bevor Google zur Löschung verpflichtet ist.

In seinem Urteil betont der EuGH, dass das Recht auf Schutz personenbezogener Daten kein uneingeschränktes Recht ist, sondern im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden muss. So sähe die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ausdrücklich vor, dass das Recht auf Löschung ausgeschlossen ist, wenn die Verarbeitung beispielsweise für die Ausübung des Rechts auf freie Information erforderlich ist.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung könne allerdings dann nicht berücksichtigt werden, wenn zumindest ein für den gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil der fraglichen Informationen unrichtig sei. Insofern obliege den Betroffenen die Pflicht, die Unrichtigkeit darzulegen. Es sei jedoch regelmäßig nicht zumutbar, bereits im vorgerichtlichen Stadium zur Stützung ihres Auslistungsantrags an den Suchmaschinenbetreiber eine gegen den Herausgeber der betreffenden Website erwirkte gerichtliche Entscheidung vorzulegen.

Ein solches Erfordernis würde den Betroffenen eine übermäßige Belastung auferlegen und die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen.

Der EuGH hält weiter fest, dass der Betreiber der Suchmaschine nicht verpflichtet ist, bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob der Antrag stichhaltig ist. Legen die Betroffenen aber relevante und hinreichende Nachweise der offensichtlichen Unrichtigkeit vor, ist die Suchmaschine verpflichtet, dem Auslistungsantrag nachzukommen.

In Bezug auf die Anzeige der Fotos in Gestalt von Vorschaubildern („thumbnails“) betont der Gerichtshof, dass die nach einer namensbezogenen Suche erfolgende Anzeige von Fotos der betroffenen Person einen besonders starken Eingriff in die Rechte dieser Person auf Schutz des Privatlebens und der personenbezogenen Daten dieser Person darstellen kann. Wegen der besonderen Bedeutung des Rechts am eigenen Bild müsse der Suchmaschinenbetreiber prüfen, ob die Anzeige der fraglichen Fotos erforderlich ist, um das durch Art. 11 der Charta geschützte Recht auf freie Information auszuüben. Dieses steht den Internetnutzern zu, die potenziell Interesse an einem Zugang zu diesen Fotos mittels einer solchen Suche haben.

Es sei ferner zu unterscheiden, ob die Bilder im Kontext und zur Illustration des Artikels oder aber außerhalb des Kontexts angezeigt werden, in dem sie auf der ursprünglichen Internetseite veröffentlicht worden sind. Ohne den Kontext des Artikels käme den Bildern nur ein geringer Informationswert zu, so der EuGH. Sollte die weitere Prüfung durch den BGH ergeben, dass die Artikel über die Kläger zu löschen sind, muss laute EuGH auch die in Gestalt von Vorschaubildern erfolgende Anzeige der in diesem Artikel enthaltenen Fotos gelöscht werden.

Bedenklich erscheint wieder einmal, dass die hier Betroffenen bereits seit 2015 versuchen, die sie belastenden Suchergebnisse bei Google entfernen zu lassen. Das Verfahren ist immer noch nicht abgeschlossen, da nach Beantwortung der Vorlagefragen nun noch der BGH das endgültige Urteil sprechen muss. Der EuGH hat mit seinem Urteil insofern wenigstens ein Stück weit die Rechte der Betroffenen gestärkt. Diese müssen grundsätzlich nicht zuerst gerichtlich gegen den einen Webseitenbetreiber vorgehen, bevor sie von einer Suchmaschine die Auslistung bestimmter rechtsverletzender Suchergebnisse fordern können.

Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel