EuGH erklärt Teile der Geldwäscherichtlinie für ungültig

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Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung ja – aber das geht zu weit! So lässt sich verkürzt eine neue Entscheidung des EuGH zusammenfassen.

Zur Umsetzung der Geldwäscherichtlinie wurde in Luxemburg  ein „Register der wirtschaftlichen Eigentümer“ geschaffen. Dieses Gesetz sieht in Umsetzung von Art. 30 Abs. 5 der Richtlinie vor, dass eine Reihe von Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer der eingetragenen Einrichtungen in dieses Register aufgenommen und gespeichert werden. Der Großteil dieser Informationen ist über das Internet für jedermann zugänglich.

Mit Urteil vom 22.11.2022 (Az. C‑37/20 und C‑601/20) hat der EuGH entschieden, dass die freie Zugänglichkeit der Registerinformationen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit nicht mit den in Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechten (dem Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens sowie dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten) vereinbar sei.

Nach Auffassung des EuGH habe der Gesetzgeber mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zwar eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung verfolgt, die selbst schwerwiegende Eingriffe in die in den Art. 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte zu rechtfertigen vermag. Der vorgesehene Zugang aller Mitglieder der Öffentlichkeit zu den Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer sei auch zur Verwirklichung dieser Zielsetzung geeignet.

Der Eingriff, den diese Maßnahme mit sich bringe, sei jedoch weder auf das absolut Erforderliche beschränkt noch stehe er in einem angemessenen Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung. Die Vorgängerregelung der Richtlinie sah ebenfalls ein Zugangsrecht Dritter zu den Daten vor, jedoch nur bei Nachweis eines berechtigten Interesses.

Der laut EuGH hierdurch erheblich schwerer gewordene Grundrechtseingriff würde nicht durch etwaige Vorteile kompensiert, die sich aus der neuen Regelung ergeben könnten. Es sei den betroffenen Personen nicht in ausreichendem Maße möglich, ihre personenbezogenen Daten wirksam gegen Missbrauch zu schützen. Das Risiko eines solchen Missbrauchs werde dadurch verschärft, dass die frei öffentlich zugänglichen Daten auch auf Vorrat gespeichert und weiterverarbeitet werden könnten.

In Deutschland hatte es erst im August einen öffentlichen Aufschrei gegeben, als das Handelsregister seine „digitalen Pforten“ öffnete. Bis zum 01.08.2022 waren Informationen aus dem Register zwar öffentlich zugänglich, jedoch nur mit Nutzerregistrierung und Abrufgebühren. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) ist es über das gemeinsame Registerportal der Länder nunmehr möglich, ohne Einschränkungen Auszüge aus dem Handelsregister sowie notarielle Eintragungen einzusehen und herunterzuladen. In den Daten enthalten sind Namen, Geburtsdaten von Inhabern, Geschäftsführern und Aufsichtsräten, Unterschriften und anderen sensible Informationen. Schnell hatte sich es ein Kollektiv zur Aufgabe gemacht, die gesamten Daten abzurufen und öffentlich zu machen.

Der EuGH hat nun klargestellt, dass Transparenz wichtig und schützenswert ist, aber nicht um jeden Preis. Eingriffe müssen verhältnismäßig sein.  Eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung darf nicht verfolgt werden, „ohne dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sie mit den von der Maßnahme betroffenen Grundrechten in Einklang gebracht werden muss, indem eine ausgewogene Gewichtung der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung und der fraglichen Rechte vorgenommen wird“, so der EuGH.

Autor: Rechtsanwalt Björn Frommer