BGH: Kein Schadensersatz für Leasingnehmer wegen „Dieselskandal“

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Nachdem der Bundesgerichthof (BGH) erst im August Grundsatzfragen zur Verjährung des Schadensersatzanspruchs in „Dieselfällen“ geklärt hat, wurde heute eine weitere Grundsatzentscheidung gefällt. Erstmals ging es um die Frage, ob gezahlte Leasingraten als Schadensersatz zurückgefordert werden können. Der BGH hat diese Frage mit Urteil vom heutigen Tage verneint (Az. VII ZR 192/20) und sich dabei auch zur Haftung der Audi AG im Allgemeinen geäußert.

Geklagt hatte der Fahrer eines Audi Q5, den dieser von der Volkswagen Leasing GmbH geleast hatte. Das Fahrzeug war mit einem manipulierten Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Der Kläger verlangte von der Audi AG die Erstattung seiner für das Leasing (EUR 25.976) und den anschließenden Kauf (EUR 25.680) gezahlten Beträge, abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Der BGH wies die Klage hinsichtlich der Rückforderung der Leasingraten ab.

Ein Anspruch auf Erstattung der Leasingraten bestehe nicht, da die Höhe der gezahlten Raten dem anzurechnenden Nutzungsvorteil entspreche. Hierin unterscheiden sich Leasing-Fälle maßgeblich von Fällen des Fahrzeugkaufs. Beim Kauf berechnen die Gerichte die Nutzungsvorteile nach der Formel „Fahrzeugpreis mal Fahrstrecke geteilt durch Laufleistungserwartung“. Der BGH führt zur Begründung aus:

„Der Leasingnehmer hingegen erwirbt die Möglichkeit, das Fahrzeug über einen konkreten Zeitraum zu bestimmten, mit dem Leasinggeber vereinbarten Bedingungen zu nutzen. Diese besondere Art der Fahrzeugnutzung hat einen eigenen, grundsätzlich zeitraumbezogenen Wert, der den Leasingzahlungen anrechenbar gegenübersteht und für den der vereinbarte Leasingpreis einen tauglichen Anhaltspunkt bildet.

Das entspricht dem Grundsatz, dass der objektive Wert eines herauszugebenden Gebrauchsvorteils regelmäßig anhand des marktüblichen Preises einer vertraglichen Gebrauchsgestattung zu bemessen ist, sofern nicht die Herausgabenorm eine andere Bewertung erfordert, wie es insbesondere bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags der Fall ist. Kann der Leasingnehmer das Fahrzeug - wie hier der Kläger - über die gesamte Leasingzeit ohne wesentliche Einschränkung nutzen, hat er den Vorteil, auf den der Abschluss des Leasingvertrags gerichtet war, in vollem Umfang realisiert. Der Vorteil kompensiert in diesem Fall den gesamten mit den Leasingzahlungen verbundenen finanziellen Nachteil. Dies entspricht der Situation eines Fahrzeugkäufers, der die Laufleistungserwartung des Fahrzeugs ausgeschöpft hat.“

Hinsichtlich des nach Ablauf der Leasingdauer gezahlten Kaufpreises hatte das Berufungsgericht dem Kläger einen Schadensersatzanspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB zuerkannt. Diesen Teil des Urteils hob der BGH auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG). Das OLG habe nicht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass ein Organ der Audi AG tatsächlich Kenntnis von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung hatte. Es hätten sich bislang keine hinreichenden Anhaltspunkte ergeben, die einen solchen Schluss nahelegen. Das OLG wird nun erneut Feststellungen zur Frage einer unmittelbaren deliktischen Haftung der Audi AG treffen müssen. Ein ähnliches Verfahren ist nach Zurückverweisung durch den BGH im März 2021 (Az. VI ZR 505/19) beim OLG Naumburg anhängig (Az. 3 U 42/19).

Autor: Rechtsanwalt Marc Hügel